Von den liparischen Inseln will ich durch die Straße von Messina und dann Richtung Osten, nach Griechenland. In der Meerenge zwischen Sizilien und dem italienischen Festland herrscht nicht nur reger Schiffs- und Fährverkehr, sondern es kommt noch eine kräftige Strömung und im südlichen Teil ein starker Wind hinzu – ein Düseneffekt, der von den Wettermodellen nicht abgebildet werden kann, da diese nicht fein genug auflösen.
Nach einer halbwegs unruhigen Nacht an der Nordküste von Sizilien fahre ich Morgens in die Straße von Messina ein. Es gibt dort ein Verkehrstrennungsgebiet, durch das ich auf die Seite des Festlands fahre. Hier im nördlichen Teil trifft man öfter die Schwertfisch-Jäger mit ihren Booten an: Diese kann man gut durch den hohen Turm erkennen, auf denen ein Ausguck sitzt und nach Schwertfischen Ausschau hält. In Aktion konnte ich leider keinen sehen….
Zwischen Messina auf Sizilien und Villa San Giovanni in Calabrien ist es dann so weit: der Strom kentert: Habe ich gerade noch über 8 Knoten (über Grund) auf der Uhr, drückt der Gegenstrom dies auf knapp 3 Knoten! Um dem Strom auszuweichen gehe ich mehr auf die sizilianische Seite rüber, und ordne mich dort in das Verkehrstrennungsgebiet (so eine Art Einbahnstraße auf dem Wasser) ein.
Je weiter man Richtung Süden kommt, wo die Straße v Messina trichterförmig aufgeht, desto stärker wird der Wind. Statt der vorhergesagten 20kn in Böen werden es über 30kn, mit einem Reff und Genua geht es mit 8-10 Knoten Speed Richtung Südost-Ecke, wo die Küstenlinie Richtung Osten verläuft. Und auch ein weiterer Effekt hat sich bisher jedes Mal gezeigt – ungefähr südlich von Melito di Porto Salvo ist der Wind von einen auf den anderen Moment weg. Keine Chance da noch zu segeln. Bis zu meinem geplanten Ankerplatz bei Stropoli muss der Motor ran.
Sprechen wir über …. Ankern
Wenn man mal davon absieht, das Boot auf den Strand zu ziehen, ist Ankern wohl die älteste Form, ein Boot zu fixieren. Häfen kamen erst sehr viel später, bieten dafür aber auch mehr Schutz – meist jedenfalls (Die Erfahrung in Agios Nikolaios auf Zakynthos war eine andere – dazu später mehr im Griechenland-Blog)
Was braucht man zum Ankern? Natürlich einen Anker, nach Möglichkeit viel Kette und eine Leine (Hahnepot oder Bridle). Den Anker schmeißt man ins Wasser und läßt Kette nach Bedarf nach. Wenn man mit dem Zustand zufrieden ist kommt der Bridle zwischen Kette und einer Klampe um die Ankerwinsch zu entlasten.
Das ist nun zugegebenermaßen die absolute Kurzform. Über den richtigen Anker kann man sich treffend streiten, genauso wie über die Menge an Kette, die abhängig von Wassertiefe und erwarteter Windstärke ausgebracht werden muss. Dazu findet sich im Internet reichlich Material, Ankertests auf YouTube, Ankerketten-Rechner für die richtige Kettenlänge und Sonderformen wie das Ankern mit Floaties (z.B. um ein Verfangen der Kette in Korallenköpfen zu vermeiden) oder Ankern mit Landleinen.
Generell müssen sich die Boote, die später in eine Ankerbucht kommen, sich nach den bereits dort ankernden Booten richten was z.B. den Abstand angeht. Gute Praxis ist es, einfach mal mit den Leuten zu reden, wieviel Kette sie zum Beispiel ausgebracht haben. Hat einer dramatisch mehr als ein anderer kann dies bei einem drehenden Wind zum Problem werden, da die Boote dann kollidieren können.
Was aber macht den Reiz des Ankerns aus? Warum bleibt man vor Anker, wenn man auch in den Hafen könnte? Abgesehen von den teils astronomischen Hafenpreisen ist es für mich vor allem die Freiheit, da hin zu gehen wo ich möchten, wo es schön ist, ich Ruhe habe das Meer und die Umgebung genießen kann.
Natürlich hat dies auch viel mit dem Schiff zu tun (ein Dinghi muss man auch irgendwie transportieren) und der Umgebung – am Ijsselmeer, wo ich vorher ja schon fast 20 Jahre war, oder generell im Norden, wird deutlich weniger geankert als am Mittelmeer. Was wohl mit daran liegt dass es im Norden rauer ist, oder es z.B. in den Fjorden Norwegens nur begrenzt möglich ist – es wird zu schnell zu tief.
Interessant sind auch die kulturellen Unterschiede. So sagt man manchen Nationen nach, immer den Anker einzufahren (wenn der Anker liegt rückwärts fahren, um zu prüfen ob er hält), während ‚französisches Ankern‘ bedeutet, einfach viel Kette auf den Anker zu werfen und hoffen dass er hält. Die italienische Variante toppt dies noch, indem man möglichst schnell das Boot verläßt und ins Restaurante einkehrt – besonders wenn in Häfen mit Buganker festgemacht wird.
Ankern bedeutet…in Ruhe gelassen werden
Auch ein Grund zu Ankern…
Ankern mit Floaties (Quelle: TransOcean)
Die Südküste von Italien, Calabrien, bietet landschaftlich nicht zu viel. Auch aus seglerischer Perspektive kein Highlight: Wenige Häfen, wenige geschützte Buchten, und bisher immer wenig Wind. Auch wenn das manchmal anders sein soll.
Stropoli ist eine kleine Bucht mit guten Ankergrund und wenig Schwell. Nach einer Nacht fahre ich weiter nach Rocella Ionica, einem Urlaubsort. Dort gibt es zwar einen Hafen, aber der ist recht weit außerhalb. Also ankere ich direkt vor der Stadt (wie die letzten Male mit Karsten auch) und lege mit den Dinghi am Strand an (ein feuchtes Vergnügen). Es gibt da eine sagenhaft gute Pizzeria (Rocco Borzomi), als ich diese Mal Mittags da bin ist der Pizzaofen noch kalt. Das Thunfischsteak ist aber auch erste Klasse.
Bei wenig Wind will ich zügig Strecke machen, und bevor ich über den Golfo di Squillace gehe scheint mir Badolato ein geeigneter Ankerplatz. Der Hafen ist versandet und verlassen (was bekannt ist), aber entgegen mancher Bewertung bietet die Stelle keinen Schutz – die quer laufende Welle schüttelt das Boot kräftig durch.
Nach einer unruhigen Nacht fahre ich weiter nach Le Castella – zwar nicht mit dem angesagten achterlichen Wind, dafür aber mit einem Anleger bei flachem Wasser und gehe dort vor Anker. Recht überrascht stelle ich fest dass ich hier vor Jahren bereits mal war! Leider dreht der Wind später und die auflaufende Welle macht es wieder unruhig….
Nach Crotone ist es nur ein Katzensprung. Man kann vor dem Hafen ankern und bequem mit dem Dinghi dort anlegen. Ich nutze das für einen Einkauf und warte am Folgetag auf Bruno, unseren Bruder (der Küste) aus Chile, der für drei Wochen mit segelt.
Noch am Nachmittag segeln wir unter Parasailor Richtung Norden und gehen nördlich des Caps von Ciro Marina vor Anker – gut geschützt vor Wind und Welle aus Süd.
Mitten in der Nacht werde ich wach – gefühlt liege ich in einer Waschmaschine. Der Wind hat auf Nord gedreht und kräftig aufgefrischt, und da die Küstenlinie hier steil ansteigt gibt es eine entsprechende Welle. Anker auf und südlich des Caps fallen lassen, weiterschlafen?
Nein, wir setzen Segel und fahren über den Golfo di Taranto nach Sta. Maria de Leuca, dem Ort ganz unten am Absatz. Erst mit vollen Segeln, dann mit einem Reff legen wir die 62 Meilen in weniger als 10h zurück. Vor Sta. Maria de Leuca gehen wir vor Anker.
Der Platz vor dem Hafen von Leuca ist gut geschützt, aber tagsüber recht voll mit kleinen Ausflugsbooten, die hier vor Anker gehen und zu den Höhlen weiterfahren – eine lokale Touristenattraktion.
Zu Zweit wollen wir mal des Saharastaub, der seit Tunesien an Wanten, Salingen, Fallen bis in die Mastspitze sitzt und unschöne Streifen auf dem Segel hinterlässt, beseitigen: Ein Eimer mit Wasser am Spifall hochgezogen und ich im Bootsmannsstuhl hinterher. Die erste Welle leert bereits den halben Eimer über das Boot – in der Mastspitze schaukelt es halt noch mehr. Eine feuchte, aber lustige Aktion, die danach mit ein paar Dosen Bier gefeiert wird.
Und die Katze? Ist gerade in ihrem Flegelalter. ‚Spielen‘ heißt auch mehr oder weniger leicht beißen, weshalb meine Unterarme gerade etwas perforiert sind. Mit Kabelbindern kann sie sich amüsieren, aber Leinen jedweder Art sind auch willkommen…. als ich eine Makrele gefangen hatte und ausgenommen hat sie den Fischkopf bekommen…danach war das ganze Boot voll blutiger Katzentatzen.