Quer durch Schottland

von | Aug 13, 2023 | Allgemein | 0 Kommentare

Es geht auf Ende Juli zu, so langsam denken wir mal an den Rückweg. Die erste Idee, die Shetlands und die Orkneys zu besuchen und dann auf der Westseite von Schottland nach Süden zu gehen, wird angesichts der Wetterlage verworfen – Westwind, so lange die Vorhersage reicht. Es wäre also nur Bolzerei gegenan.

Also kommt der ursprüngliche Plan wieder auf den Tisch, durch den Caledonian Canal (CC) quer durch Schottland: Ein Tag Schwachwind, dann drehend auf Südost und zunehmend, werden uns über die Nordsee bringen. So geht es zunächst nach Bekkjarvik, welches diesmal komplett voll ist. Eine Lücke, in die wir saugend reinpassen, reicht aber. Mehr Sorgen bereitet mir der Windmesser, der mal komplett weg ist, und dann wieder Blösinn anzeigt (300kn Wind…).

Am 27.07.2023 legen wir in Bekkjarvik ab Richtung Inverness. Zunächst noch unter Motor am Brandasund vorbei – wo wir erstmals in Norwegen festgemacht hatten – und dann mit Groß und Genau bei wenig Wind auf die Nordsee.

Nach ein paar Stunden rumkreuzerei bei wenig Wind läßt dieser komplett nach und der Motor geht an. Damit gehen wir auch durch die erste Nacht. Der Windmesser ist inzwischen komplett ausgefallen. Das ist insofern blöde, weil ein Multihull einem nicht sagt, wann er gerefft werden möchte. Dafür gibt es Refftabellen, die auf dem scheinbarem Wind (Appearing Wind Speed – AWS) aufbauen. Also schätzen mit dem dicken Daumen und nach Gefühl reffen (oder nicht), denn am nächsten Tag frischt es auf 4-5 bft auf, und mit einem Reff und Genua, teils auf 50% verkleinert, und mit einer unangenehmen, quer laufenden Welle, gehts es in die zweite Nacht – in der es immer noch nicht richtig dunkel wird. In der Nacht das Reff-rein-Reff-raus Spiel gespielt, und am folgenden Morgen – 29.7. – ist der Wind wieder komplett weg.

Und während wir unter Motor Richtung Inverness fahren, kommt ein Anruf vom Immigration Office. Man muss bei der Online-Registrierung ein Zeitfenster von 2h angeben, in dem man ankommen will. Das hatten wir elegant gerissen, und so wollte man doch mal nachhören, wo wir denn sind. Alles konnte nett und freundlich geklärt werden, und so kann ich mich als Nächstes um einen Liegeplatz kümmern. Inverness Marina ist leider voll, damit geht es direkt in den Caledonian Canal. Wir machen in der Seaport Marina fest.

Hoch das Beinchen….

In der Marina treffen wir auf eine Neel 47 (Vie ta Vie), was später in einem dezenten Whiskey-Tasting endet, und deren Crew wir später noch einige Male treffen werden.

Ich versuche derweil, einen Techniker für die Windanlage aufzutun – ist ja noch Garantie drauf. Also Telefonate mit Neel, Pochon (die die komplette Elektrik bei Neel machen) sowie B&G, dem Hersteller der Anlage. Leider alles von wenig Erfolg gekrönt.

Für den CC haben wir das Sieben-Tages-Ticket für 300 GBP gebucht. 3,5 Tage sind wohl die minimale Zeit, die man für den Kanal braucht, nicht zuletzt wegen der 29 Schleusen und diverser Brücken, die auf Funkanruf öffnen. Die ersten 2 Tage nutzen wir für Inverness: Eine sehr schöne alte Stadt mit entsprechenden Pubs und Restaurants, und so kann ich dann auch mal Haggis, das schottische Nationalgericht, probieren. War OK, aber ich bleibe lieber beim Bitter 🙃

Hinter der Marina geht es zunächst durch die 4 Schleusen der Muirtown Locks, und dann in den eigentlichen Kanal. Der ist überraschend schmal und erinnert stark an die Staande Mastroute, die quer durch Holland führt.

Nach ein paar Brücken und Schleusen ist man bereits im berühmten Loch Ness, welches wir dank Rückenwind mit Parasailor nehmen. Vor dem Loch Ness Harbour ankern wir, um das Urquhart Castle zu besuchen. Also Dinghi ins Wasser, Motor anschmeissen – startet nicht, wie man das bei einer Premiere erwarten kann. Es stellte sich zwar später raus, dass das an der Dummheit des Skippers lag, hilft in dem Moment aber auch nicht weiter. Also wieder Anker auf, Para setzen und ab nach Fort Augustus. Einen Liegeplatz am Kanal zu finden war noch drin, zum Abendessen hats aber nicht mehr gereicht – in den Pubs machte die Küche um 20:00h zu.

Kanalfahrt – durchaus idyllisch

Loch Ness unter Parasailor

Auch hier gibt es wieder einen Satz von Schleusen, Anmeldung über Funk, und gegen Mittag kommen wir an die Reihe – wegen der Größe werden wir einzeln geschleust. In der letzten Schleuse müssen wir liegen bleiben – Mittagspause bei der folgenden Brücke, und zwischendrin kein Platz zum Anlegen. Die sind hier schon gut organisiert!

Die folgenden Abschnitte durch die Kanäle und Loch Oich bieten viel Natur, Burgruinen, Schiffswracks, enge Fahrwasser, und in Loch Lochy schließlich auch einen schönen Ankerplatz. Anker schmeissen, Elon* raus, und mal in den Wacken Live-Stream reinschauen 🤘🏻

Und dann geht es auch schon ins Finale: Vor dem Ausgang in Corpach müssen wir noch ‚Neptuns Staircase‘ passieren, 8 Schleusen hintereinander. Die Schleusen stehen gut im Wind, so daß schon mal vereinte Kräfte nötig sind, um das Boot wieder gerade zu ziehen. Corpach selbst – wir schauen es uns während der Mittagspause an – bietet nicht zu viel, so fahren wir weiter nach Fort William, wo es einen einzelnen, ungeschützten Anleger für Sportschiffe gibt. Weder Strom, Wasser, Sanitäranlagen oder Müllentsorgung, dafür aber erstklassige Preise….

Wir bleiben 2 Tage in Fort William, ein nettes kleines Örtchen, an dem der Great Glen Way startet. Und endet. Wir nehmen die Kurzstrecke bis zur Ben Nevis Distillery, um mal den lokalen Whiskey zu testen.

War da nicht noch was? Richtig….der Windmesser geht immer noch nicht. Die Reparatur-Infrastruktur hier in Schottland ist nicht die Beste, die von B&G schon gar nicht, und so wird uns Oban ans Herz gelegt – quasi die lokale Großstadt mit gleichnamigem Whiskey.

* der Spitzname der Starlink-Sattelitenschüssel

Loch Lochy

Auf dem Hausberg von Craobh Haven

Mit wenig Wind und viel Strom geht es Loch Linnhe hinunter. Oban hat mehrere Häfen: In der Stadt (Transit Marina, sehr gut, aber nur 3 Tage), gegenüber auf Kerrera Island, Bojenfelder am Yachtclub – oder einfach einen Ankerplatz zwischen Kerrera und der kleinen Insel davor, Heather Island – meine Wahl. Zumal die Liegepreise sportlich sind.

Oban ist auf jeden Fall einen Besuch wert, allein schon wegen des Essens. Überraschenderweise bestätigt sich die alte Regel ‚Never go first row‘ hier mal nicht, das ‚Waterfront Fish House‘ war sehr gut, ebenso wie das noch etwas bessere ‚Coast‘. In beiden muss man reservieren. Das Essen kann man sich auf dem Weg zum Amphitheater dann wieder abtrainieren…

So telefoniere ich mich durch Schottlands Marine-Elektronik Betriebe, und in Craobh Haven (sprich: Crüüf) gibt es tatsächlich einen Laden, der Anfang kommender Woche einen Techniker schicken kann! Gebucht!

Den Weg von Oban nach Craobh kann man durch den Cuan Sound abkürzen. Im Reeds wird vor starker Strömung und Untiefen gewarnt, und selbst um Hochwasser haben wir gut 3kn mit. Im Süden des Sound 2 Tage vor Anker, sehr idyllisch, nur unterbrochen von einem nicht angekündigten Sturm – Nachts sieht man bei allen vier Ankerliegern mal die Taschenlampen aufblitzen, um nach dem Anker zu sehen…

Sonntags laufen wir in Craobh ein, ein sehr angenehmer Hafen mit einem kleinen (und guten) Pub daneben. Montags morgens ruft mich tatsächlich B&G an, wir machen ein paar Checks am Netzwerk und stellen fest, dass es nur der Windgeber im Mast oder die NMEA-Brücke sein kann. Ohne diese Ersatzteile mitzubringen macht ein Technikerbesuch keinen Sinn. Da diese Teile nicht vorrätig sind kann ich den Techniker wieder absagen. Immerhin will B&G mir einen zertifizierten B&G Partner nennen, der die Reparatur durchführen kann…..

 

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