Im Winter über die Biskaya

von | Nov 26, 2023 | Allgemein | 0 Kommentare

Für zwei Wochen lag das Boot jetzt in der Werft in La Rochelle. Neel hatte eine längere Liste an Garantiearbeiten abzuarbeiten. Als ich am Freitag, den 13.10. gegen Mittag wieder an Bord kam, schien auch ein Großteil davon erledigt zu sein. Zusätzlich wurde noch ein neuer Genacker angeliefert, den ich direkt bei Incidence bestellt hatte, sowie 900 Watt Solarpaneele inklusive Verdrahtung montiert.

Am nächsten Morgen, Samstag, sollte es um 6 Uhr losgehen. Das Wetterfenster, um über die Biskaya zu gehen war gerade günstig, Ostwind für die nächsten zwei Tage.

Im ‚Basin des Chalutiers‘, wo das Boot lag, kommt man nur zu bestimmten Zeiten um Hochwasser raus. Entsprechend hatte ich dann die Hafenmeister informiert, dass die Brücke des Hafens zur ersten Öffnung morgens um 6 Uhr geöffnet wird.

Die Brücke geht auf, ich will den Motor starten – nichts passiert. Ich gehe runter in den Maschinenraum, messe die Starterbatterie nach – alles OK. Ich klopfe mal vor den Magnetschalter des Starters – auch kein Erfolg: Sobald man den Starterknopf drückt, geht das Motorpaneel wieder aus. Die Hafenmitarbeiter stehen schon leicht ungeduldig vor dem Boot, aber ich kann nur Entwarnung geben – der Motor ist nicht zu starten. Also geht die Brücke wieder zu…..

Da ich mit meinem Latein am Ende war habe ich die Schwarmintelligenz von Trans-Ocean angezapft – vieles deutet auf einen Fehler im Mechanischen Diesel Interface (MDI) hin. Dieses Teil ist ein steter Quell der Freude bei moderneren Volvo-Penta Motoren – mehr dazu hier.

Bis zu 35kn Wind von hinten

Der erste Tag auf der Biskaya

Der zweite Tag – deutlich angenehmer

Am Montag kann das Problem geklärt werden: Einer der Punkte auf der Mängelliste war der ungewöhnlich hohe Abtrag der Opferanode an der Schraube. Die Techniker haben dazu wohl eine Verdrahtung geändert, und dabei ein paar Schalter umgelegt, die ich noch nicht kannte. Und damit den Motor (und auch den Generator, hab ich aber erst später rausgefunden) lahmgelegt. Schalter umlegen, starten….Motor läuft.

Tja, damit war unser Wetterfenster aber leider weg. Die nächsten Wochen kam ein Tief nach dem nächsten an, unter anderem Ciaran, welches in der Bretagne und England schwere Schäden angerichtet hat.

Geduldiger Skipper hat immer guten Wind – was wir schon im Mai in England hatten, wird jetzt noch getoppt: 5 Wochen warten, Austern essen, Wein trinken, Spazieren gehen, Erkältung auskurieren…. Da war es auch wenig tröstlich, dass wir nicht die einzigen waren, die wegen des Wetters nicht wegkommen.

OK, das nächste Mal wieder mit Handschuhen

Immer wieder schön: Delphine

Premiere: Der Genacker

Am 21. November gibt es endlich eine Nord, später Nordostlage, mit der wir über die Biskaya können.

Mit der ersten Brücke geht es raus, und in der Abdeckung der Ile de Re haben wir Champagnersegeln: mit einem Reff und Genua geht es mit 8-9 Knoten flott voran. In freiem Wasser, nach der Abdeckung durch die Insel, wird die Genua gegen das Stagsegel getauscht. Ab da ist auch erst mal Schluss mit Lustig: eine heftige querlaufende Welle schüttelt das Schiff samt Besatzung kräftig durch, und ich habe eine weitere unangenehme Premiere an Bord – ich lasse mir das Essen noch mal durch den Kopf gehen.

Am Folgetag – Mittwoch – dreht der Wind auf Nordost und es wird angenehmer. Trotz des abnehmenden Windes haben wir gut Strecke gemacht.

Am Morgen das 23 November gegen 1 Uhr, quasi als Geburtstagsgruß, gibt es ein Problem mit dem Parasailor: Der Wind hat nördlich der galizischen Küste zugenommen, und das Segel muss runter. Ich versuche den Bergeschlauch nach unten zu ziehen, aber als der Druck zu groß wird und mich das Ding vom Deck abhebt, lasse ich los. Die Schot rauscht durch die Hand und zieht einiges an Haut mit runter.

Nun baumelt die Schot für den Bergeschlauch da vorne irgendwo rum und lässt sich nicht einfangen – so richtig möchte ich mitten in der Nacht auf dem Vordeck aber auch nichts riskieren.

Nach verschiedenen gescheiterten Bergeversuchen lassen wir den Parasailor gezielt ins Wasser und sammeln ihn von da aus über das Spifall wieder ein. Das ging halbwegs gut, außer dass das Segel natürlich klatschnass ist. Einziger Verlust dabei ist mein Leatherman, der über Bord gegangen ist.

Grund für das Problem war übrigens eine verklemmte Schot im Cockpit….

Als es hell wird kommt das angesagte Starkwindfeld: Bei bis zu 35kn Wind (8bft) rauschen wir nur mit Stagsegel im Surf mit über 17Knoten die Wellen runter. Nach Kap Finisterre ist der Wind komplett weg. Anstatt jetzt noch bis mitten in die Nacht nach Baiona zu Motoren, schmeißen wir bei Concheiro, hinter Cabo Corrubedo, das Eisen und schlafen erstmal aus.

Am nächsten Morgen gibt es ein kurzes Intermezzo mit dem neuen Gennaker, dann dreht der Wind wieder auf die Nase und mit Groß und Genua machen wir gute Fahrt, bis der Wind dann wieder weg ist.

In Baiona legen wir im Puerto Deportivo an und ich suche mir ein Krankenhaus, in dem meine Hand mal untersucht und verbunden werden kann. Der Ort gefällt mit einigen guten Restaurants. Dass der lokale Yachtclub keine Gäste hineinlässt ist allerdings befremdlich – das hatte ich in Spanien noch nicht erlebt.

Insgesamt haben wir knapp 440sm von La Rochelle bis Baiona zurückgelegt, mit 7,8kn Duchschnittsgeschwindigkeit.

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