Flucht vor dem Feuer

von | Juli 15, 2025 | Allgemein | 0 Kommentare

Von Kuşadasi aus geht es weiter nach Norden. Erst wieder kein Wind, dann zunehmend. Eigentlich wollen wir in die Bucht von Siğacik, aber schon südlich der Bucht bläst es uns kräftig auf die Nase. So biegen wir ab nach Norden und gehen vor Sakizli vor Anker. Ein langer Strand, aber bei dem erwarteten Nordwind sollte er gut Schutz geben.

Wir fahren mit dem Dinghi an Land und gehen Essen. Hier ist ein Campingplatz in der Nähe, Gastro und der kleine Supermarkt sind also eher bodenständig, aber das Essen ist gut.

Gegen Mittag des Folgetages – es ist der 29. Juni – steigt vor uns eine Rauchsäule auf. In der Nähe von Izmir brennt es, und der starke Wind – 40kn – treibt Asche und Rauch in unsere Richtung. Als es mehr wird, gehen wir Anker auf, Richtung Süden um das Kap herum. Hier haben wir wieder 35kn auf die Nase und brechende Wellen – da müssen wir nicht durch. Also umdrehen, unten am Kap ist eine kleine Bucht (mit warmer Quelle), Bolme Adas. Hier scheinen wir erst mal sicher zu sein. Kein Rauch, keine unmittelbare Gefahr.

Die Route von Kuşadasi bis Çeşme

Nachts ist ein Feuerschein vom Hügel hinter der Bucht sichtbar – ein weiteres Feuer ist ausgebrochen. Es ist stockdunkel, im Licht der Stirnlampe ist die fliegende Asche zu sehen. Amanda – die mit australischen Buschfeuern Erfahrung hat – macht sich Sorgen wegen fliegender Glut, die das Boot beschädigen könnte. Kurz darauf schaut die Coastguard vorbei und meint, wir sollten besser einen anderen Ankerplatz aufsuchen. Also mitten in der Nacht den Anker hoch und wieder an den alten Platz bei Sakizli zurück. Auf dem Weg kommen wir an einigen neuen Feuern auf der Halbinsel vorbei.

Am nächsten Tag hat der Wind etwas nachgelassen, mit 2 Reff und Stagsegel geht es quer über die Bucht von Siğacik in eine kleine, unspektakuläre Ankerbucht namens Zeytineli Koyu. Ein paar Camper am Strand, sonst nichts. Der Wind weht mit gut 30kn am Ankerplatz, das Wasser ist klar, aber mit 20°C deutlich zu kalt zum Schwimmen. Das Boot ist mit einem Sand-Salz-Ruß Schmier überzogen und bekommt eine Wäsche.

2 Dinge werden uns noch bis Çeşme begleiten: Viel Wind und kaltes Wasser. Neben ein paar einsamen Ankerbuchten, die außer Landschaft, Windrädern und ein paar Fischerhütten nichts zu bieten haben, wird es auch mit dem Besuch im Hafen von Alacati nichts: Der Hafen ist eng, und es gibt viel Wind. Die Neel reagiert sehr empfindlich auf Seitenwind, an Rückwärtsfahrt möchte man da gar nicht erst denken. Also wird der Hafenaufenthalt abgeblasen und wir fahren weiter zum Golden Beach. Macht von See her einen guten wenn auch touristischen Eindruck. Anlanden sparen wir uns bei 30kn Wind.

Der Wind begleitet uns auch am nächsten Tag, wo es nur um die Ecke nach Çeşme geht, Tanken und den Schwarzwassertank leeren (das muss spätestens alle 2 Wochen dokumentiert werden!). Rein interessehalber fragen wir mal nach einem Liegeplatz für eine Nacht, aber 360€ sind doch etwas viel.

So müssen wir dann doch nochmal ein paar Meter gegenan motoren, um das Kap im Norden herum in die Hacettepe Bay, in der man auch bei 7-8bft draussen ruhig liegt. Entsprechend voll ist die Bucht. Auch hier sieht man in der Nacht wie es in Richtung Izmir brennt. Und, wie wir später feststellen, gibt es hier einen Essens-Lieferdienst per Boot, den wir aber nicht nutzen.

Vom Strand aus ist man in 10-15min zu Fuß in Dalyan, einer kleinen Stadt mit einem Hafen, in der man sich mit allem notwendigen ausrüsten kann. Neben Restaurants und Supermärkten fährt hier auch das Dolmus nach Çeşme. Dolums sind praktisch und beliebt, man zahlt beim Fahrer 1,50€, neben seinen normalen Stopps hält er auch auf Zuruf an. Was wir so von Çeşme gesehen haben war dann eigentlich nicht so unbedingt toll. Ziemlich touristisch und voll.

Wir gehen noch quer über die Bucht von Dalyan und in die Donkey Bay, wo es frei laufende Esel am Strand gibt, bevor wir in Çeşme zum ausklarieren anhalten. Einen Zollsteiger in dem Sinne gibt es hier nicht, man tankt und darf dann zur die Zeit des Auscheckens liegenbleiben. Dumm nur dass wir vor einer Woche erst vollgetankt haben. ‚Das würde nicht mehr zählen‘, 200 € sollen 4 Stunden festmachen kosten. Ich bin schon kurz davor denen ein GFYS (*) zuzurufen und einfach zu fahren, aber der Agent biegt es hin dass es reicht, Diesel und Benzin für den Außenborder aufzufüllen. Nach einer halben Stunde haben wir den Zettel (120€) und machen uns auf den Weg nach Chios – 7sm nach Westen und wir sind wieder in Griechenland.

Das Resümee der Türkei? Ja, es gibt schöne Ecken, die Menschen, gerade auf den Märkten, sind freundlich und zuvorkommend. Die Orte an der Küste sind mondän, die Menschen moderner wohl als viele Türken in Deutschland.

Aber es gibt leider auch die andere Seite: Als Segler fühlt man sich überwacht, die Küstenwache ist omnipräsent (gut, das mag an der Flüchtlingsproblematik liegen), aber viel schlimmer – man fühlt sich abgezockt: Nicht nur astronomische Liegeplatzpreise, auch die ‚Blue Card‘ sorgt für ein nettes Nebeneinkommen. An manchen schönen Stränden konnte man nur anlanden wenn man bezahlt. Ausnahmen bestätigen die Regel. Dazu kommen die happigen Kosten beim Ein- und Ausklarieren. Die Türkei geht den Weg Kroatiens, die ja auch alles dran setzen, die Segler zu vergraulen.

So verwundert es nicht, dass die Segler in Scharen aus der Türkei abhauen. Es bleiben wohl nur die, die aus politischen Gründen nicht in die EU dürfen. Für mich heißt es jedenfalls, dass ich so bald nicht mehr in die Türkei segele.

(*) GFYS: Go Fuck YourSelf

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