Fischfarmen und Müll – die türkische Ägäis

von | Juli 5, 2025 | Allgemein | 1 Kommentar

Der Süden der Türkei hatte nicht so ganz unseren Vorstellungen entsprochen: Zu voll, zu heiß, zu dreckig. Deshalb war der Plan, an der Ägäisküste nach Norden zu segeln. Das bedeutet in erster Linie: Gegen den Wind, denn im Sommer ist der Meltemi, ein kräftiger Nordwind, vorherrschend.

Zunächst geht es aber von Datça zum Kap im Westen, nach Knidos. Hier gibt es einen kleinen Hafen und eine archäologische Ausgrabungsstätte. Im Hafen weht der Wind stärker als draussen, aber wir finden einen schönen Ankerplatz in der Bucht – zumindest bis sich ein Arbeitsschiff direkt vor uns legt, und die uns mit ihrem Generator eindieseln.

Wir sehen uns die Ausgrabungsstätte an, aber die lohnt sich auch nicht wirklich: Die Gesamtanlage der ehemaligen Stadt ist erkennbar, aber alles wirkt ungepflegt und ist relativ vermüllt. Also fahren wir zurück zum Schiff, suchen uns einen anderen Ankerplatz und fahren am Morgen um die Ecke nach Mersincik, Spitzname ‚Traumbucht‘: Eine große Bucht, die nach Nordosten offen ist, und in der niemand liegt! Zum Land hin bewaldete Hügel, ein schmaler (5m) Strand und dahinter eine Plantage – alles grün und leer. Dazu glasklares und warmes Wasser – wir bleiben 2 Tage und genießen die Ruhe.

Ein kurzer Schlag nach Norden und wir sind in Bodrum, einem der Tourismus- und Charterzentren in der Türkei. Wir laufen kurz den Hafen an um den Fäkalientank abpumpen zu lassen (1200TL, 25,60€) und gehen dann hinter der Burg vor Anker. Wie immer bläst es Nachmittags mit 20kn und mehr. Das ist ungünstig, denn ich muss in den Mast, den Rollenkasten (in dem sitzt die Umlenkrolle, über die das Fall des Stagsegels läuft) neu einsetzen. Die Nieten waren ausgebrochen – zu viel Zug auf dem Fall? Das könnte durch die Elektrowinsch schnell passieren, wenn man nicht aufpasst.

Zunächst gehen wir aber an Land, schlendern die (sehr touristisch und englisch geprägte) Strandpromenade nach Westen entlang und suchen das amerikanische Krankenhaus auf – ich wollte die Blutung aus dem Ohr noch untersuchen lassen. Der HNO Bereich ist topmodern ausgestattet, ich kann per endoskopischer Kamera alles verfolgen was im Ohr passiert. Die gute Nachricht: alles in Ordnung, Trommelfell unverletzt. Für die 10minütige Untersuchung werden dann 250€ fällig. Touristenzuschlag.

Am nächsten Morgen kann ich die Reparatur im Mast angehen, danach besichtigen wir das Museum in der Burg. Es hat den Schwerpunkt Unterwasserarchäologie, und zu heben gab es in der Gegend viel, Artefakte aus mehreren Jahrtausenden Schifffahrt. Lohnt sich!

Die Bucht von Bodrum aus dem Mast

Wir legen noch einen Zwischenstopp in Karaincir ein, einer kleinen Bucht kurz vor dem südwestlichen Kap. Hatten wir 2sm vor der Bucht keinen Wind mehr, weht es in der Bucht mit 25-30kn, die berüchtigten Fallwinde.

Erwartungsgemäß ist der Wind am folgenden Morgen weniger, so brechen wir relativ früh auf, um am Kap nicht allzu viel Wind auf die Nase zu bekommen. Das bleibt dann graue Theorie, mit 2 Reff und dem Stagsegel müssen wir gegen den Wind ankreuzen, schlängeln uns zwischen den vorgelagerten Inseln von Çatalada durch, an Turgutreis vorbei, können nördlich davon endlich etwas abfallen und laufen dann mit 8-10kn auf unser Tagesziel, der Bucht von Harapli Koyu zu.

In dieser Gegend der Türkei gibt es eine Menge Fischfarmen. Das ist auch nötig, denn frei schwimmend gibt es nur noch wenig Fisch. Beim Schwimmen und Schnorcheln sieht man jedenfalls nur sehr wenige, im Gegensatz zum Rest des Mittelmeeres.

Wir bleiben 2 Tage in der schönen Bucht, um dann in die nächste Bucht (Gürçalmar) im Norden zu segeln. 3sm Luftlinie, 14sm mit aufkreuzen. Hier gibt es 2 Restaurants am Strand, alles sehr auf einheimischen Tourismus ausgelegt, somit kann man für kleines Geld gut essen. Leider ist hier aber auch extrem viel Müll im Wasser: In nur kurzer Zeit bietet unser ‚Catch of the day‘ 2 Plastiktüten, alte Angelschnüre, ein Stück Netz und den sonstigen Plastikmüll. Die Sensitivität für das Müllproblem ist hier noch nicht gegeben. Ist es Zufall oder nicht, aber in der Ecke der Türkei haben wir extrem viele Fliegen, die an Bord einfach nerven. Kleine Schalen mit Essig und einem Spritzer Spülmittel killen viele, aber nicht alle….

Auch die nächste Bucht – Akbük – ist nur durch stetiges aufkreuzen gegen den Wind erreichbar. An der Einfahrt zur Bucht gibt es (wie immer hätte ich fast gesagt) eine Kompression und der Wind nimmt zu. Akbük ist ein von vielen Einheimischen besuchtes Feriengebiet. Der kleine Hafen ist übervoll, so dass wir mit dem Dinghi schon in der 2. Reihe anlegen müssen. Aber alles ist gut gegangen. Entlang der Promenade finden wir, ziemlich am Ende, dann auch ein Restaurant, welches authentisches Essen zu einem vernünftigen Preis anbietet.

Didim ist unser letztes Ziel in dieser Ecke der Türkei. Ein Urlaubsort mit großer Marina, die zwar vielfach gelobt wird, aber leider auch exorbitante Preise aufruft – und als Multihull bekommen wir gerne mal 50-100% Zuschlag! Also gehen wir vor der Marina vor Anker und fahren mit dem Dinghi rein. Eine große Promenade, viele ‚Piratenschiffe‘, die um Tagesausflügler werben, die übliche Gastronomie. In der 2. Reihe gönne ich mir in einem Barbershop mal wieder einen Haarschnitt und eine Rasur, und später gibts auch etwas zu Essen und einen Supermarkt, um die Vorräte aufzustocken. Denn der nächste Schlag wird etwas länger: Wir wollen nach Norden, zwischen Samos (Griechenland) und dem türkischen Festland durch die Straße von Mycale, die gerade mal eine Seemeile breit ist, nach Kuşadasi.

Die Tour bietet wieder alles: Erst Südwestwind, dann nichts mehr, vor Samos dreht er auf Nord und nimmt auf 25kn zu, in der Straße von Mycale schließlich nichts mehr aus Ost. Auf den letzten 14sm bis Kuşadasi kann erst der Gennaker gesetzt werden, dann muss schließlich wieder der Motor ran. Wir ankern vor dem Hafen.

In Kuşadasi treffen wir Güven, ein Kollege, mit dem ich ein Projekt bei einem Konsumartikler zusammen gemacht habe. In Deutschland aufgewachsen, hat sich hier ein schönes Haus gekauft und lebt die meiste Zeit des Jahres auch dort. Bevor er uns die Stadt zeigt will er natürlich einen Blick auf das Boot werfen. Wir laden ihn ins Dinghi und nehmen einen Drink an Bord.

Zur Stadtführung wollen wir das Dinghi in der Marina liegen lassen – wie man das fast über all tun kann – aber plötzlich steht ein Marinero da und meinte das ginge nicht. Güven parliert mit ihm auf Türkisch, man will knapp 200€ haben, um das Beiboot für 5 Stunden zu parken. Wir verabschieden und fluchend. Und passend dazu kreuzt die Küstenwache auf und meint, wir könnten da nicht liegen bleiben.

Also nehmen wir Güven wieder an Bord und fahren mit ihm um die Ecke zu einer recht offenen Bucht, aus der der Schwell von Westen einläuft. Aber egal, zunächst wandern wir die Strandpromenade zurück zu seinem Auto, gehen etwas essen (ein Geheimtip) und nehmen einen Sundowner auf seiner Terrasse. 

Die Bilder rund Videoschnipsel des Besuchs verarbeitet Güven sehr gekonnt – siehe rechts

Zurück an Bord haben wir das zweifelhafte Vergnügen, einer Party in der Strandbude zuhören zu dürfen. Eine Lautstärke, die es gut mit einem Motörhead-Konzert aufnehmen kann. An Schlafen ist nur mit Noise-Cancelling Pods zu denken. So verlassen wir den gastlichen Ort am nächsten Tag.

Was wir nicht wissen ist, dass wir vom Regen in die Traufe kommen. Wenn auch auf andere Art.

1 Kommentar

  1. Güven

    War schön mit Euch. Schaut gerne wieder vorbei 🙂

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