Der kräftige Ostwind ist durchgezogen und es steht noch eine unangenehme, alte Welle, als wir uns Samstag morgen von La Cabrera aus auf den Weg nach Sardinien machen. Die Überfahrt ist durchgehend schwachwindig, immer hoch am Wind, und nachdem die Welle sich gelegt hat ein traumhafter, wenn auch langsamer Trip bei Vollmond. An Montag dreht sich der Wind vor Sardinien einen zurecht, so dass ich die letzten 20sm unter Motor zur Bucht von Cala di Guidi fahre – für den angesagten Nordwind ein guter Platz.
Immer hoch am Wind – Winddreher gab es reichlich, besonders vor Sardinien
Am folgenden Tag fahren wir in die Bucht von Turredda weiter, wo wir gestern ursprünglich anlanden wollten (was aber noch einen Nachtschlag bedeutet hätte). Zwischen dem Posidonia findet sich ein Sandfleck um den Anker zu schmeißen, leider hat die Strandbude noch zu, so dass wir selbst kochen (müssen).
Auswärts Essen gibt es erst in Cagliari, wo wir in die Marina del Sole gehen – mit leicht morbidem Charme, dafür aber bezahlbar (Liegeplätze können in Italien leicht mal ein paar Hundert Euro kosten – pro Nacht).
Inzwischen wieder allein an Bord, verschiebe ich den Besuch in Cagliari auf später.
Sprechen wir über…An- und Ablegen im Mittelmeer
Wie fast überall am Mittelmeer wird römisch-katholisch (rk) angelegt – mit dem Heck zum Steg, und Mooringleinen, die am Steg aufgenommen und nach vorne geführt werden. Meist sind die komplett siffig und mit Muscheln bewachsen – ein paar stabile Handschuhe sind Pflicht! Diese Mooringleinen sind an einem Betonblock im Wasser befestigt und halten das Boot vorne.
Rk an- und ablegen ist an sich schon blöde, wenn man allein an Bord ist noch blöder, und wenn der Wind dann noch kräftig von vorne kommt – ganz blöde. Also erst die Heckleinen etwas lösen, die luvseitige Leine fest lassen, Vorwärtsgas geben bis das Boot gerade steht, die leeseitige Mooringleine los machen, schauen dass das Boot noch gerade ist, dann die luvseitige Leine – und jetzt schnell an den Steuerstand und das Boot wieder gegen den Wind ausrichten. Dabei so wenig Gas wie möglich geben, denn, wenn die Luvleine gelöst wird, schießt das Boot nach vorne. Und wie das immer so ist, ist die Luvleine auf der anderen Seite des Bootes – es dauert also alles länger, und man möchte ja nicht in die Boote auf der gegenüberliegenden Seite hineinfahren.
Römisch-Katholisch angelegt (in Bizerte, aber egal). Der Pfeil zeigt auf die Mooringleinen. Der quer hängenden Fender daneben hält die Mooringleine vom Rumpf fern – die harten Muschelschalen würden sonst den Rumpf verkratzen
Auf dem Weg in die östliche Nachbarbucht von Cagliari (Poetto, gehört noch zu Cagliari) mache ich einen Stop unterhalb des ‚Sattels des Teufels‘. Diese Bucht ist bei Tagestouristen und Ausflugsbooten sehr beliebt. Bei nördlichen Winden liegt man hier recht geschützt – wenn nicht die Fallwinde wären! Es gibt plötzlich ein Geräusch, dass ich nicht zuordnen kann – ich sehe nach und schaue meinen Handtuch hinterher, dass eine Bö trotz 3 Klammern von der Reling gerissen hat. Ein beherzter Sprung ins Wasser rettet die Situation.
Die Bucht von Poetto hat sich zu meinem Favoriten entwickelt: Man liegt im Ankerfeld vor dem Hafen und bekommt Wind- und Wingfoileraction geboten, die zwischen den Booten lang flitzen. Dazu Jollentraining des lokalen Clubs. Im Hafen kann man mit dem Dinghi anlegen, es gibt einige Restaurants in Laufweite, einen Supermarkt und einen Bus in die Stadt – Tickets gibts (meist) beim Fahrer.
Die Altstadt von Cagliari ist durchaus sehenswert – Alte Bausubstanz wechselt sich mit Grünflächen ab, aber leider wird man von den Gästen der Kreuzfahrtschiffe tot getreten. Immerhin noch eine gute Pizza gegessen, bevor es wieder nach Poetto geht.
Am nächsten Tag ist erst kein Wind, später reicht es für den Gennaker. Etappenziel ist die Insel Isola di Càvoli, weil da im Süden eine Madonna versenkt ist, die Madonna del Naufrago. Sie ist die Schutzpatronin der Schiffbrüchigen und Seeleute, und an jedem dritten Sonntag im Juli wird ihr mit einer großen Bootsprozession gedacht, bei der Blumenkränze ins Wasser geworfen werden.
Fürs Ankern ist es zu steinig, Boje fangen klappt nicht…also erst mal weiter in die Bucht von Vilasimius, wo in türkisem Wasser der Anker fällt. Es könnte gerade schlimmer sein 🙂
Den Folgetag geht es eine Bucht weiter in den Norden – Cala Sinzias. Sie ist zwar auch schön, bietet aber ansonsten nichts – Strandbars, Infrastruktur, Supermärkte etc. Also geht es zurück nach Vilasimius. Hier schlägt wieder die ‚Unberechenbarkeit‘ in Italien zu – während bei den ersten Anlandungen mit dem Dinghi am Strand der Lifeguard noch mit angefasst hat, das Ding den Strand hoch zu ziehen, heißt es jetzt auf einmal – nein, hier Anlegen geht nicht. Da ist ein Motor dran. Böse! Also das Dinghi an einer Boje im knietiefen Wasser festmachen. Das geht so lange gut, bis die erste Welle kommt – dann ist der Hintern nass 🙂
Mit dem Dinghi fahre ich dann nochmal zur Isola die Càvoli und suche die versenkte Madonna – aber mir geht es so wie anderen Tauchern da auch – nichts zu finden. Also ziehen wir unverrichteter Dinge wieder ab!
Langsam schaue ich nach einem Wetterfenster für die Überfahrt nach Tunesien – und am kommenden Sonntag sieht es gut aus! Ich segele wieder in die Bucht von Turredda, muss dort aber erst noch einen kräftigen Ostwind mit bis zu 30kn vor Anker abwettern. Dabei lerne ich einen Segler aus Stuttgart kennen, der neben mir mit seiner Halberg-Rassy34 ankert. Er läßt das Boot für drei Monate in Sardinien und fliegt nach Deutschland zurück – zu warm da unten. Kann ich nachvollziehen.
Am Sonntag, 9. Juni geht es am Nachmittag los – raumer Wind von 20kn, 1 Reff und Genua – damit sollte ich am folgenden Morgen im Hellen in Bizerte ankommen. Dass ich in der Nacht die Genua gegen das kleinere Stagsegel tausche, um Geschwindigkeit raus zu nehmen, ist eher ein Luxusproblem. Morgens gegen 0700 mache ich in Bizerte fest. Für den 15. Juni habe ich einen Flug nach Düsseldorf
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